Ein Ingenieurbüro für Anlagen zur Herstellung von Folien war insolvent geworden und sollte verkauft werden. Ein Interessent beschäftigte den früheren Geschäftsführer und Gesellschafter jenes Unternehmens als Handelsagent. Die Zusammenarbeit begann im März 2010. Er sollte eine monatliche Fix-Vergütung und eine Provision erhalten.
Das insolvente Unternehmen hatte eine französische Tochtergesellschaft; auch diese sollte erworben werden. Um die Übernahme in Frankreich bestmöglich „durchzukriegen“, wurde eine Präsentation mit Planzahlen für die nächsten 3 Jahre vorbereitet. Diese basierten auf Zahlen des Handelsagenten. Damit sollten Insolvenzverwalter, Gericht, Betriebsrat und Gewerkschaft in Frankreich überzeugt werden.
Bis zum 8. 6. 2011 war der Handelsagent tätig, dann wurde er „freigestellt“, nachdem es in der Zusammenarbeit zu Problemen gekommen war.
Der Handelsagent klagte im Jahr 2015 einen Betrag von rund € 4 Mio als Entschädigung nach § 12 HVertrG ein, dies basierend auf den Planzahlen und den daraus resultierenden Provisionen, die aufgrund der Freistellung nicht mehr verdient werden konnten.
Dafür sprach, dass der Handelsagent die Planzahlen während seiner Tätigkeit offenbar erreichte (Details dazu sind den Gerichtsentscheidungen leider nicht zu entnehmen). Dagegen sprach aber, dass sich die Situation am Weltmarkt im Jahr 2011 stark veränderte. Die Umsätze halbierten sich und es kam zu einer Marktkonzentration, da 40 von weltweit abgesetzten 50 Anlagen vom größten Konkurrenten verkauft wurden.
Der Geschäftsherr konnte in diesem Jahr zwar immerhin 5 Anlagen verkaufen. Der Handelsagent konnte aber nicht darlegen, dass er diese Anlagen vermitteln hätte können, wenn er nicht freigestellt worden wäre. Er führte vielmehr Geschäfte an, die bereits im Jahr 2010 – also noch vor der Freistellung – nicht aussichtsreich gewesen waren.
Im Ergebnis argumentierte der Agent in seiner Klage, die 2015 eingebracht wurde, mit Planzahlen aus 2010, nicht aber mit der tatsächlichen Geschäftsentwicklung in Jahr 2011.
Dazu kommt, dass eine Entschädigung nach § 12 HVertrG nach ständiger Rechtsprechung nur aufgrund willkürlicher Entscheidungen des Geschäftsherrn zustehen kann. Das sind sachlich unvertretbare Gründe und/oder die Absicht, den Handelsagenten zu schädigen. Auch das war nicht zu beweisen, hatte doch der Handelsagent unter den Mitarbeitern einen äußerst schweren „Stand“, da er sich mit seiner aktuellen Tätigkeit gegenüber seiner früheren Leitungsfunktion nicht habe abfinden können. Außerdem hatte der Ruf des Handelsagenten aufgrund der Insolvenz bei den Kunden und Lieferanten gelitten, was ein weiteres, nicht unsachliches Motiv für die Freistellung bildete. Ein Anspruch auf Entschädigung nach § 12 HVertrG wurde damit verneint.
Ob sich der Agent im Jahr 2011 gegen die „Freistellung“ verwehrt hatte (was wohl ratsam gewesen wäre), ist den Entscheidungen nicht zu entnehmen. Eine kostensparende Teil-Einklagung war angesichts der dreijährigen Verjährungsfrist im Jahr 2015 nicht (mehr) möglich…
Ihr Ansprechpartner: Dr. Gustav Breiter