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Beschluss des BGH vom 26.04.2007, Az.: I ZB 82/06 zur Zwangsvollstreckung eines Buchauszuges

I. Vorgeschichte

Die Schuldnerin, ein Unternehmen, das Fassadenputze herstellt und vertreibt wurde mit rechtskräftigem Teilurteil des Landgerichts vom 17. September 2004 verurteilt, der Gläubigerin als ihrer Handelsvertreterin einen Buchauszug mit folgendem Inhalt zu erteilen:

  • Auftragsdatum,
  • Auftragsnummer,
  • Warenart laut Auftrag,
  • Warenmenge laut Auftrag,
  • Rechnungsdatum,
  • Rechnungsnummer,
  • Rechnungsbetrag,
  • Kunde mit genauer Anschrift,
  • Stadium der Ausführung des Geschäfts sowie
  • Annullierungen und Retouren sowie Gründe hierfür.

Die Schuldnerin erstellte daraufhin eine Liste, die die titulierten Anforderungen nicht erfüllte, da in den übersandten EDV-Auszügen der maßgebliche Auftragswert fehlte, es keine Angaben zu Annullierungen und Retouren sowie den Gründen hierfür gab und nachweislich die auf zwei bestimmte Vertreterkonten gebuchten Geschäfte fehlten. Die Schuldnerin behauptete jedoch, den Buchauszugsanspruch erfüllt zu haben.

Das Landgericht ermächtigte die Gläubigerin im Rahmen der Zwangsvollstreckung dann, auf Kosten der Schuldnerin den Buchauszug gemäß Teilurteil des Landgericht Karlsruhe hinsichtlich der fehlenden Angaben von einem Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen und entschied, dass die Schuldnerin an die Gläubigerin einen Vorschuss von insgesamt 5.000 € auf die vorrausichtlichen Kosten der Erstellung des Buchauszugs zahlen sollte. Hiergegen legte die Schuldnerin Beschwerde ein. Auf die Beschwerde hin entschied das OLG Karlsruhe, die Ermächtigung der Gläubigerin in Bezug auf die Erstellung eines Buchauszugs hinsichtlich der Vertreterkonten auf Kosten der Schuldnerin gemäß dem Teilurteil des Landgerichts aufzuheben und ließ die Rechtsbeschwerde zum BGH zu.

II. Der BGH-Beschluss

Der BGH hob den Beschluss des OLG auf die Beschwerde der Gläubigerin hin auf und verwies die Sache an das OLG zurück. Zu seinen Gründen führte er u.a. aus:

  1. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine auf der Grundlage des § 87c Abs. 2 HGB ergangene Verurteilung zur Erstellung eines Buchauszuges grundsätzlich nach § 887 ZPO zu vollstrecken ist.
  2. Im Verfahren zur Vollstreckung einer Verurteilung, einen Buchauszug zu erteilen, ist der Einwand des Schuldners zu prüfen, er habe den titulierten Anspruch bereits erfüllt.

Für die Entscheidung, ob der titulierte Anspruch erfüllt ist, ist der Vollstreckungstitel maßgeblich, nicht die materiell-rechtliche Rechtslage. Nach dem Teilurteil vom 17. September 2004 hat die Schuldnerin der Gläubigerin einen “Buchauszug über alle Geschäfte ihres Gebietes zu erteilen”. Dieser Anspruch ist jedenfalls dann erfüllt, wenn der erteilte Buchauszug formal den Anforderungen des Urteilsausspruchs entspricht, insbesondere wenn er sämtliche in den Büchern verzeichnete Geschäfte, die unter den Urteilsausspruch fallen, mit den in den Büchern enthaltenen Angaben erfasst. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Buchauszugs ändern daran nichts. Ist ein Buchauszug hinsichtlich der darin erfassten Geschäfte formal vollständig erteilt worden, kann der Gläubiger die Ergänzung des Buchauszugs verlangen, wenn Angaben über bestimmte Teilbezirke oder Zeiträume fehlen.

Die Beurteilung des Beschwerdegerichts, die Schuldnerin habe den titulierten Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs erfüllt, beruht zudem – wenn auch unausgesprochen – auf der Annahme, die Gläubigerin sei dafür beweispflichtig, dass der erteilte Buchauszug Lücken aufweist, bei denen die Schuldnerin zur Ergänzung des Buchauszugs verpflichtet ist. Eine solche Beweislast für den Einwand, der titulierte Anspruch sei erfüllt, trägt nach allgemeinen Regeln der Schuldner. Der Schuldner hat deshalb auch zu beweisen, dass es keine weiteren Geschäfte gegeben hat, auf die sich der Buchauszug beziehen muss. Wegen der Schwierigkeiten eines solchen Negativbeweises kann jedoch vom Gläubiger das substantiierte Bestreiten der negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positive sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden. Im vorliegenden Fall kann sich die Schuldnerin dementsprechend zunächst damit begnügen zu behaupten, dass es keine weiteren Fälle gebe, auf die sich ihre Verpflichtung zur Erteilung des Buchauszugs erstrecke. Es ist dann Sache der Gläubigerin, dieses Vorbringen qualifiziert zu bestreiten und die Umstände vorzutragen, auf die sie ihre Forderung stützt, der Buchauszug sei zu ergänzen.

Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges kann unabhängig davon vollstreckt werden, ob der Gläubiger bereits auf Bucheinsicht nach § 87c Abs. 4 klagen könnte.

Das Urteil ist auszugsweise veröffentlicht in:

VersR 2007, 1081-1083
BGHReport 2007, 835-836
WM 2007, 1418-1420
NJW-RR 2007, 1475-1477
BB 2007, 1302
MDR 2007, 1097

Mitgeteilt von Dr. Dirk J. Harten, Dr. Harten & Partner, Hamburg.