Dem Handelsvertreter kostenlos zur Verfügung zu stellende Unterlagen können auch Hard- und Software-Komponenten sein
(LG Hamburg, Urt. v. 21.1.2016 und LG Essen Urt. v. 27.8.2015)
Nach § 86 a Abs. 1 HGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Von diesem Grundsatz abweichende Vereinbarungen sind gemäß § 86 a Abs. 3 HGB unwirksam.
Dabei ist der Begriff der „Unterlagen“ weit zu verstehen: Umfasst ist alles, was dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit – insbesondere zur Anpreisung der Waren bei dem Kunden – dient und aus der Sphäre des Unternehmers stammt (LG Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2016, Az. 413 HKO 42/15). Die Aufzählung im Gesetz ist nicht abschließend, sondern lediglich beispielhaft.
Dagegen ist das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ eng auszulegen. Nur diejenigen Unterlagen müssen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, ohne die eine erfolgreiche Vermittlung schlechthin nicht möglich ist – wie z.B. Preislisten und Geschäftsbedingungen (vgl. BGH, Urteil vom 04. Mai 2011, Az. VIII ZR 11/10; LG Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2016).
Der Bundesgerichtshof hatte im Urteil vom 04. Mai 2011 entschieden, dass auch ein Softwarepaket derart erforderliche „Unterlagen“ darstellen kann.
Die Entscheidungen des Landgerichts Essen vom 27. August 2015 (Az. 43 O 30/15) und des Landgerichts Hamburg vom 21.1.2016 bauen hierauf auf und erkennen auch eine Verbindung von Hardware mit der zugehörigen Software nach den Umständen des Einzelfalls als „erforderlich“ an, sofern sie im Rahmen der modernen Daten- und Vertragsabwicklungsverarbeitung die Aufgaben erfüllen, die bei Einführung der Vorschrift Papier-Unterlagen zukam.
(mitgeteilt von Rechtsanwältin Dr. Petra Weipert, Ramser Rechtsanwälte Frankfurt am Main)