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Buchauszugsanspruch

Urteil des Bezirksgerichts in Szczecin (Stettin) vom 1. Juni 2018; VIII GC 128/18

Urteil des Berufungsgerichts in Szczecin (Stettin) vom 20. November 2018; I AGa 194/18

Sachverhalt:

In der am 17. November 2017 eingereichten Klageschrift verlangte der Kläger aufgrund des Agenturvertrages und Artikel 7615 § 2 und 3 des poln. ZGB, dass die Beklagte (eine GmbH) verpflichtet wird, ihm die Informationen in Form von Auszügen aus den Büchern zur Verfügung zu stellen […]

die den Wert aller folgenden Rechnungen dokumentieren: (1) Rechnungen ausgestellt von der Beklagten an die in der Klage genannten Kunden, (2) Rechnungen, die von Transportunternehmern an die Beklagte ausgestellt wurden und die die Kosten dokumentieren, die im Zusammenhang mit Lieferungen an die genannten Kunden entstanden sind, zusammen mit Kopien von Frachtbriefen, die bestätigen, dass die Lieferungen an diese Kunden tatsächlich erfolgten; beide für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2017 oder, falls das Urteil früher ergeht, bis zum Datum des Urteils.

Die Provision des Agenten war – gemäß dem Handelsvertretervertrag – ein Prozentbetrag von der Differenz zwischen dem Wert der Rechnungen, die den Verkauf dokumentierten und dem Wert der Transportkosten.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage mit der Begründung, dass: (1) der Kläger die Klage nach Ablauf der im Artikel 7615 § 3 des ZGB festgelegten Sechsmonatsfrist eingereicht habe [Beweis: E-Mails des Klägers von Oktober 2016], (2) der Kläger keinen Anspruch auf Einsicht in die Transportrechnungen habe, da die Parteien einen Pauschalbetrag für Transportkosten vereinbart haben, um gegenseitige Abrechnungen zu erleichtern, (3) der Kläger nicht berechtigt sei, Informationen über nach April 2017 abgeschlossene Geschäfte zu verlangen, weil er keine Schritte mehr unternommen habe, um die Beklagte zu vertreten und neue Bestellungen zu erwirken und der Vertrag von der Beklagten Ende April 2017 gekündigt wurde [Beweis: Zeugen], (4) die Klage einen Rechtsmissbrauch im Sinne von Artikel 5 des ZGB darstellt, da der Kläger in der Klage angegeben hat, dass die erhaltenen Informationen es ihm ermöglichen sollen, nicht die Richtigkeit der Abrechnung der Provision zu überprüfen, sondern die im Handelsvertretervertrag vorgesehene Vertragsstrafe und den Ausgleichsanspruch geltend zu machen.

Der Kläger betonte im nächsten Prozessschreiben, dass er im von der Beklagten dargestellten E-Mail von Oktober 2016 nur um die Informationen über die Umsätze in 2016 erbitten konnte und offensichtlich nicht über 2017 und dass die Prüfung der Richtigkeit der Provision ihm erst ermöglichen wird, die Vertragsstrafe bzw. den Ausgleichsanspruch in der richtigen Höhe geltend zu machen, was dem Art. 7615 des ZGB nicht widerspricht.

Artikel 7615 ZGB § 1. […]

  • 2. Der Agent kann verlangen, dass ihm Informationen zugänglich gemacht werden, die für die Prüfung, ob die Höhe der ihm zustehenden Provision richtig bemessen worden ist, erforderlich sind; insbesondere kann er Auszüge aus den Handelsbüchern des Auftraggebers fordern oder verlangen, dass einem von den Parteien bestimmten sachverständigen Prüfer Einsicht in und Auszüge aus diesen Büchern gewährt wird. Eine für den Agenten weniger günstige Vertragsbestimmung ist nichtig.
  • 3. Werden dem Agenten die in § 2 genannten Informationen nicht zugänglich gemacht, kann er dies innerhalb von sechs Monaten ab dem Tage, an dem er seine Forderung dem Auftraggeber gegenüber erhoben hat, im Klagewege geltend machen.
  • 4. Können sich die Parteien über die Wahl des sachverständigen Prüfers nach § 2 nicht einigen, so kann der Agent durch innerhalb von sechs Monaten ab dem Tage, an dem er seine Forderung dem Auftraggeber gegenüber erhoben hat, zu erhebende Klage die Einsicht und Auszüge aus den Handelsbüchern durch einen vom Gericht bestimmten sachverständigen Prüfer fordern.

Mit Urteil vom 1. Juni 2018 verpflichtete das Bezirksgericht in Szczecin die Beklagte, dem Kläger die Informationen in Form von Auszügen aus den Büchern zur Verfügung zu stellen, die: (1) den Wert aller Rechnungen, die von der Beklagten an die in der Klageschrift angegebenen Kunden ausgestellt wurden, und (2) den Wert aller Rechnungen, die von Transportunternehmen ausgestellt wurden, die die Transportkosten dokumentieren, die im Zusammenhang mit Lieferungen an diese Kunden entstanden sind; beides im Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017. Im verbleibenden Teil (Frachtbriefe, Jahr 2016) wies das Gericht die Klage ab.

Das Gericht erster Instanz begründete, dass die Parteien einen Handelsvertretervertrag abgeschlossen haben und die Beklagte – dank der Handlungen des Klägers – von den in der Klageschrift genannten Kunden in Jahren 2016-2017 Bestellungen erhalten hat, was zwischen den Parteien unstrittig war, während es strittig war, ob der Kläger einen Anspruch auf Informationen hat, da die Beklagte diesen Anspruch mit der Rechtmäßigkeit der Provisionsforderung verknüpfte. Das Gericht betonte, dass ein Anspruch auf Information nicht mit einem Anspruch auf Provisionszahlung gleichgesetzt werden kann. Das Wesen des Informationsprozesses besteht darin, dass ein Handelsvertreter nur Informationen erhält, anhand derer er feststellen kann, ob und in welcher Höhe ihm eine Provision zusteht.

Der Kläger beantragte die Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen für das Jahr 2016 nach Ablauf der in Artikel 7615 § 3 des ZGB vorgesehenen Frist. Die Klageschrift wurde am 17. November 2017 eingereicht, und die Beklagte stellte das E-Mail mit der Bitte um Informationen für das Jahr 2016, datiert Oktober 2016, dar. Daher wurde die Klage in diesem Teil abgewiesen. Es gibt jedoch keine Beweise dafür, dass der Kläger um die Informationen für das Jahr 2017 früher als im Schreiben vom 11. September 2017 bat, das dem Beklagten am 19. September 2017 zugestellt wurde. Somit verstieß die am 17. November 2017 eingereichte Klageschrift gegen den Sechsmonatszeitraum gerechnet ab dem 19. September 2017 nicht.

Das Gericht erster Instanz hat die Klage in Bezug auf die Verpflichtung des Beklagten, Kopien der Frachtbriefe zur Verfügung zu stellen, abgewiesen. Die Bestimmung des Artikels 7615 § 2 des ZGB gibt dem Handelsvertreter keinen Grund, die Quelldokumente zu erhalten, die die Grundlage für die Eintragungen in die Bücher darstellten.

Die Berufung wurde nur von der Beklagten eingebracht; diese wurde von dem Gericht der zweiten Instanz abgewiesen.

Das Gericht zweiter Instanz teilte die Argumente des Bezirksgerichts. Das Berufungsgericht betonte, dass der Zweck des Artikels 7615 des ZGB darin besteht, das Recht des Handelsvertreters auf Provisionen zu schützen, indem der Informationsvorteil des Auftraggebers beseitigt wird. Der Gegenstand eines Informationsverfahrens ist nicht die verbindliche Auslegung der Bestimmungen des Agenturvertrages, ob der Handelsvertreter einen Anspruch auf die Provision hat und wenn ja, für welchen Zeitraum. In diesem Verfahren muss der Handelsvertreter lediglich wahrscheinlich machen, dass der Handelsvertretervertrag ihm für den Zeitraum, auf den sich die angeforderten Informationen beziehen, Anspruch auf eine Provision gibt. Das gemäß Artikel 7615 § 4 des ZGB ergangene Urteil ist daher kein verbindliches Präjudikat in dem Verfahren auf Zahlung der Provisionen.

Bei der Entscheidung über die Kosten der Rechtsvertretung berücksichtigte das Gericht die Komplexität des Falles, die Arbeitsbelastung des Anwalts des Klägers, den materiellen Inhalt der Antwort auf die Berufung und die Teilnahme an der Berufungsverhandlung und sprach die maximal möglichen Kosten in Höhe des Sechsfachen des Mindestsatzes zu.

Bearbeitet von: RAin Olga Sztejnert-Roszak

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