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Handelsvertreter für Telekommunikationsdienstleistungen und -produkte (Vodafone) – Kundenstammausgleich – verschiedene Vertragsverhältnisse – vielfältiges Vergütungssystem – Abschlag wegen Bekanntheit der Marke – Umsatztsteuer

Urteile des Tribunal Supremo vom 1. Oktober 2019, 1. Juni und 14. Oktober 2020.

Sachverhalt: Den Entscheidungen lag die Beendigung von 4 Handelsvertreterverträgen, die z.T. mit weiteren Vertragstypen kombiniert waren, über die Vermittlung von Dienstleistungen und Produkten der Marke Vodafone zu Grunde.

Die streitgegenständlichen Vertragsverhältnisse waren in einem Fall zeitlich befristet und endeten in den restlichen Fällen durch Kündigung seitens Vodafone nach einer Vertragslaufzeit 2, 3, 16 und 17 Jahren.

Zwischen Vodafone und den Handelsvertretern bestanden komplexe Vertragsbeziehungen, da neben dem Handelsvertretervertrag Franchise-, Händler-, Kundenservice- sowie Verträge zur Vermittlung von Versicherungsverträgen anderer Unternehmen abgeschlossen wurden.

Auch das mit Vodafone vereinbarte Vergütungssystem gestaltete sich sehr vielfältig. So wurden im Privatkundenbereich unterschiedliche Provisionen für die Vermittlung von Vertragsabschlüssen, „Preisplänen“, on-line Vertragsabschlüssen, Mobilfunkdiensten, Zusatzdiensten, Abschlagsabrechnungen sowie für Unternehmenskunden feste Provisionssätze in den vorgenannten Kategorien gezahlt.

Daneben erstattete Vodafone dem Handelsvertretern Zahlungen zurück, die diese ihren Kunden als Zuschuss zum Erwerb von Mobilfunktelefonen geleistet hatten. Die Abrechnung der Rückvergütungen erfolgte zusammen mit den Provisionsabrechnungen in den von den Handelsvertretern an Vodafone gestellten Rechnungen, die von letzterer erstellt wurden.

Prozessgeschichte: In allen Fällen klagte der Handelsvertreter, bei dem es sich jeweils um juristische Personen handelte, auf Ausgleich des Kundenstamms in Höhe von 300.000,- €, 400.000,- €, 700.000,- € und 1,7 Mio. €.

In Erster und zweiter Instanz hatten die Zivilgerichte von Barcelona, Valencia, Malaga, und Leon entschieden.

Hauptgegenstand der rechtlichen Diskussion vor den Instanzgerichten, die den Klagen der Handelsvertreter im Wesentlichen stattgaben, waren folgende Fragen:

a) Muss das Handelsvertretervertragsverhältnis bei der Berechnung des Kundenstammausgleichs isoliert betrachtet werden oder sind andere Vertragsverhältnisse (Franchise-, Kundenservice-, Versicherungsvermittlungsverträge) zu berücksichtigen?

b) Welche Vergütungsarten sind bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für den Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen?

c) Ist der im richterlichen Ermessen von zwei Provinzgerichten vorgenommene Abschlag aufgrund der Bekanntheit der Marke i.H.v. 20% (Leon) oder in Form eines „Korrekturabschlags“ i.H.v. 10% (Malaga) zulässig?

d) Ist der Prinzipal zur Zahlung von Umsatzsteuer auf den Kundenstammausgleich verpflichtet?

Entscheidung des TS:

Zu a) Der TS stellte fest, dass die Gesamtheit der Vertragsverhältnisse berücksichtigt werden muss. Dies folge nicht nur daraus, dass der Vertragszweck in der Vermittlung und dem Verkauf von Produkten der Marke Vodafone bestanden habe, sondern auch daraus, dass den Verträgen ein gleichartiges umsatzabhängiges Vergütungsmodell zu Grunde gelegen habe. Die Vergütungen wurden mittels entsprechender „Eigenrechnungen“ durch Vodafone abgerechnet.

Zu b) Auch was die verschiedenen Vergütungsarten betreffe, stellen diese in ihrer Gesamtheit die Grundlage für die Berechnung des Kundenstammausgleichs dar, unabhängig davon ob es sich um Provisionen im eigentlichen Sinne handele. D.h. es sind auch Vergütungen einzuberechnen, die Vodafone für die Erbringung von Kundendienstleistungen zahlte. Hingegen können Rückerstattungen des Prinzipals für vom Handelsvertreter geleistete Zuschüsse an Kunden nicht berücksichtigt werden, da es sich insoweit nicht um Vergütungen, sondern den Ausgleich für ausgelegte Zahlungen handele.

Zu c) Die prozentuale Reduzierung des Ausgleichsanspruchs aufgrund der Bekanntheit der Marke oder eines „Korrekturabschlages“ sei nicht zulässig, da dies eine Abweichung von den Kriterien der zwingend anwendbaren gesetzlichen Regelungen und der Handelsvertreter-Richtlinie über den Kundenstammausgleich darstelle.

Zu d) Während der TS im Urteil vom 1. Oktober 2019 die erst- und zweitinstanzliche Entscheidung bestätigt, die Vodafone zur Umsatzsteuer auf den Kundenstammausgleich verurteilt hatte, lehnt das Gericht eine Umsatzsteuerpflicht des Prinzipals in seinem Urteil vom 14. Oktober 2020 ab. Letzteres trifft wohl zu, da der Ausgleichsanspruch aus steuerechtliche Sicht keinen Vergütungscharakter hat.

Mitgeteilt von RA & Abogado Michael Fries, Monereo Meyer