Werbeanrufe der Versicherung sind wettbewerbswidrig
Das Landgericht Nürnberg – Fürth hatte sich in einem Eilverfahren mit Telefonanrufen seitens der Versicherung bei Versicherungskunden auseinander zu setzen und befand diese als wettbewerbswidrig. Die Entscheidung (Urteil vom 21.11.2014, 4 HKO 7707/14) ist rechtskräftig und wird von der beklagten Versicherung auch als endgültige Regelung akzeptiert.
Der Fall
Die Versicherung hatte ihrer langjährigen Ausschließlichkeitsagentur ordentlich gekündigt. Diese machte nach Vertragsende als Maklergesellschaft weiter, stand somit also in Konkurrenz zum Ausschließlichkeitsvertrieb der Versicherung. Die Versicherung informierte hierüber wie üblich die Kunden der Agentur per Rundschreiben und teilte mit, dass die Kundendaten auf die Nachfolgeagentur übertragen werden, wenn der Kunde dem nicht binnen 14 Tagen widerspricht. Nach dem Versand dieser Rundschreiben widersprachen einige Kunden ausdrücklich der Datenübertragung. Daraufhin setzte sich die Versicherung sowohl über Innendienstmitarbeiter als auch über die Nachfolgeagentur telefonisch mit diesen Kunden in Verbindung und teilte unter anderem nochmals mit, dass die ehemalige Versicherungsvertretung ausgeschieden sei und eine optimale Betreuung des Kunden in Zukunft nur möglich wäre, wenn diese Ihren Widerspruch zurücknehmen würden.
Die ausgeschiedene Agentur, mittlerweile Maklergesellschaft, begehrte daraufhin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Unterlassung dieser Anrufe. Neben anderen eindeutig wettbewerbswidrigen Äußerungen auch deswegen, weil die Versicherung bei den Kunden angerufen hatte, ohne deren vorherige ausdrückliche Einwilligung erhalten zu haben, womit ein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG vorlag.
Die Versicherung argumentierte, dass die Kunden ja nur allgemein darüber informiert wurden, dass ein Betreuungswechsel stattfände, wozu sie zur Erfüllung ihrer vertraglichen Informationsobliegenheiten gegenüber den Kunden sogar verpflichtet gewesen sei; die Anrufe hätten also keinen werbenden Charakter gehabt, womit sie auch nicht unter das Verbot des Gesetzes fielen.
Die Entscheidung
Dieses Argument ließ das Gericht nicht gelten mit folgender Begründung:
“Ohne Erfolg berufen sich die Verfügungsbeklagten darauf, die Anrufe hätten keine Werbung zum Inhalt gehabt. Entsprechend den obigen Ausführungen ging es bei den Telefonaten nicht in erster Linie darum, die Versicherungsnehmer über den Wechsel der Versicherungsagentur und die Datenweitergabe zu unterrichten, da dies bereits schriftlich geschehen war. Vielmehr ging es insbesondere darum, einen Wechsel der Versicherungsnehmer von der Verfügungsklägerin zur Verfügungsbeklagten zu 3 (Nachfolgeagentur, Anmerkung des Autors) herbeizuführen; es erfolgte eine Werbung gegenüber den Versicherungskunden, um diese durch die streitgegenständlichen Äußerungen dazu zu bewegen, den Kundenbestand des Verfügungsbeklagten zu 3 zu erhöhen und damit den Bestand der Verfügungsklägerin zu verringern.”
Oder anders: Warum sollte telefonisch noch einmal etwas erläutert werden, was bereits schriftlich mitgeteilt wurde?
Praktische Bedeutung
Die Rundschreiben der Versicherung an die Kunden bei Ausscheiden eines Versicherungsvertreters sind Gang und gäbe. Hinzukommt, dass sich die Versicherungswirtschaft ab 01.01.2014 sogar dazu verpflichtet hat, die Kunden anzuschreiben, um den datenschutzrechtlichen Bestimmungen Genüge zu tun. Das bedeutet, dass es nun bei jedem Agenturwechsel zu solchen Rundschreiben an die Kunden kommt und damit das Argument der Versicherung, sie habe die Kunden durch zusätzliche Telefonanrufe nur informieren wollen, quasi immer ins Leere gehen wird. Die ausgeschiedene Vertretung, die weiterhin im Versicherungsbereich tätig ist, kann sich also mit guter Aussicht auf Erfolg hiergegen wehren.