Anspruch auf Buchauszug verjährt als Nebenanspruch mit dem Hauptanspruch (Oberster Gerichtshof 26. 4. 2011, 8 ObA 22/11k)
Eine Handelsagentur war seit 1991 für die Beklagte tätig. Das Vertragsverhältnis wurde zum 30. 6. 2008 durch Kündigung der Beklagten aufgelöst. Der Kläger machte mit der am 24. 12. 2008 eingelangten Klage bereits bezifferte Provisionen sowie den Ausgleichsanspruch geltend. Zudem begehrte er mittels Stufenklage, die Beklagte dazu zu verpflichten, über alle Geschäftsfälle seit 1. 1. 2005 einen Buchauszug mit näher genanntem Inhalt vorzulegen und den sich daraus ergebenden Betrag samt Zinsen zu bezahlen.
Im Revisionsverfahren war noch zu klären, wie weit sich dieser Anspruch auf Buchauszug auch auf die Abrechnung für das Jahr 2005 bezieht. Denn die Abrechnung für das Jahr 2005 war vereinbarungsgemäß mit 31. 1. 2006 zu erstellen, sodass der entsprechende Provisionsanspruch schon mit 1. 2. 2006 fällig war (§ 15 HVertrG).
Die Beklagte argumentierte damit, dass der Anspruch auf Buchauszug, was den Zeitraum 1. 1. 2005 bis 30. 11. 2005 anlangt, verjährt sei (weil länger als 3 Jahre vor der Klage zurückliegend).
Der Kläger hingegen brachte vor, dass die Beklagte die Ansprüche des Klägers für das Jahr 2005 erst im Oktober 2007 abgerechnet habe, womit die Verjährung erst mit Ablauf des betreffenden Kalenderjahres, also ab 1. 1. 2008 zu laufen begonnen habe. Eine Verjährung sei also noch nicht eingetreten.
Der OGH hat ausgesprochen, dass alle Ansprüche des Handelsvertreters der 3jährigen Verjährungsfrist des § 18 Abs 1 HVertrG unterliegen. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem das in Frage stehende Recht erstmals hätte ausgeübt werden können. Dabei ist aber auch die besondere Verjährungsbestimmung des § 18 Abs 2 HVertrG zu beachten, wonach die Verjährung für Ansprüche, die in die Abrechnung einbezogen wurden, mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem die Abrechnung stattgefunden hat. Für Ansprüche, die in die Abrechnung nicht einbezogen wurden, läuft die Verjährung erst ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Handelsvertretervertrag beendet wurde.
Der Beginn der Verjährungsfrist ist demnach davon abhängig, ob der jeweilige Anspruch in die Provisionsabrechnung aufgenommen wurde oder nicht.
Die Ansicht von Nocker, HVertrG § 16 Rz 43 und § 18 Rz 22, wonach die Ansprüche auf Auskunft, Buchauszug und Bucheinsicht mit dem Zeitpunkt zu verjähren beginnen, in dem das Recht das erste Mal ausgeübt hätte werden können, wurde hingegen abgelehnt.
Eine gesetzliche oder vertragliche Rechnungslegungspflicht soll dem Handelsvertreter als typischer Nebenanspruch eine ausreichende Grundlage für die Kontrolle sowie die Kenntnis für die Beurteilung seiner Ansprüche verschaffen. Die in Rede stehenden Kontrollrechte sind daher typische Nebenansprüche zur Durchsetzung des Provisionsanspruchs. Hauptanspruch ist ohne jeden Zweifel jener auf Provision. Die Ansprüche auf Buchauszug, Auskünfte und Bucheinsicht verjähren als bloße Nebenansprüche mit dem Hauptanspruch. Der Beginn der Verjährungsfrist für den Provisionsanspruch als Hauptanspruch aber auch für alle Nebenansprüche, die zur Durchsetzung des Hauptanspruchs dienen, richtet sich damit nach dem genannten § 18 Abs 2 HVertrG.
Nach § 18 Abs 2 HVertrG beginnt die Verjährung frühestens mit dem Ende des Jahres, in dem die Abrechnung der Provisionsansprüche stattgefunden hat. Im konkreten Fall wurden die Geschäftsfälle aus 2005 erst Ende 2007 abgerechnet. Die Klage wurde am 24. 12. 2008 eingebracht, womit der Anspruch auf Buchauszug betreffend die Geschäftsfälle aus 2005 nicht verjährt war.
Das Argument der Beklagten, wonach der Handelsvertreter dadurch, dass er Provisionsabrechnungen und den Buchauszug nicht früher begehre, den Lauf der Verjährungsfrist nach Gutdünken verlängern könne, wurde zurück gewiesen. Umgekehrt hat der OGH festgehalten, dass es tatsächlich am Unternehmer liegt, seiner Verpflichtung zur Abrechnung der Provisionen vereinbarungsgemäß nachzukommen und dadurch eben auch den Lauf der Verjährungsfrist auszulösen.
Anmerkung: In der bisherigen Judikatur wurde bereits ausgesprochen, dass der Anspruch auf Mitteilung eines Buchauszugs nur den Charakter eines Hilfsanspruchs besitzt, der das Schicksal des Hauptanspruchs auf Provision teilt und daher derselben Verjährungsfrist unterliegt (grundlegend OGH 17. 5. 1977, 4 Ob 76/77). Mit der vorliegenden Entscheidung wurde klargestellt, dass auch hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist einheitlich § 18 Abs 2 HVertrG zur Anwendung kommt. Die Ansicht des 9. Senats zum einen angestellten Vertreter zustehenden Buchauszug nach § 10 Abs 5 AngG, wonach der Lauf der Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt beginnt, ab dem der Anspruch erstmals geltend gemacht werden konnte (9 ObA 323/97h; gleichlautend Nocker) wurde in dieser Entscheidung ausdrücklich abgelehnt.
Mitgeteilt von Dr. Gustav Breiter
Viehböck Breiter Schenk & Nau, Wien und Mödling