Der Handelsvertreter (commercial agent) in Großbritannien
Einleitung
Ausländische Unternehmen bedienen sich bei dem Absatz ihrer Produkte in Großbritannien häufig eines Handelsvertreters. Das britische Handelsvertreterrecht ist in den Commercial Agents (Council Directive) Regulations 1993 (im folgenden „Regulations“ genannt) geregelt. Die Regulations haben zum 1. Januar 1994 die EU-Handelsvertreter-Richtlinie ins britische Recht umgesetzt. Zuvor gab es in Großbritannien kein Gesetz, welches die Pflichten von Unternehmern und Handelsvertretern umfassend regelte, einzige Rechtsgrundlage war vielmehr das allgemeine englische Vertrags- und Richterrecht. Dementsprechend brachte die Umsetzung der Richtlinie erhebliche Veränderungen mit sich. Dies gilt insbesondere für die Regelung des nachvertraglichen Ausgleichs- und Entschädigungsanspruchs des Handelsvertreters in Artikel 17 der Regulations. Ein derartiger Anspruch war dem britischen Recht bisher fremd.
Zu den Regulations sind seit der Umsetzung der EU-Richtlinie erst sehr wenige Entscheidungen englischer Gerichte ergangen, weshalb in Großbritannien noch eine erhebliche Rechtsunsicherheit im Umgang mit dem Handelsvertreterrecht und den Regulations besteht.
Die klassische (Dreiecks-)Konstellation stellt sich wie folgt dar: Der Hersteller bzw. Unternehmer (in Großbritannien „principal“ genannt) schließt mit dem Handelsvertreter („commercial agent“) den Handelsvertretervertrag ab. Der Handelsvertreter stellt sodann den Kontakt zu dem Kunden („customer“) her und bemüht sich um den Absatz der Ware des Herstellers in Großbritannien. Hierbei kommen zwischen dem Handelsvertreter und dem Kunden selbst keine Vertragsbeziehungen zustande, der Handelsvertreter vermittelt nur das Geschäft zwischen dem Hersteller und dem Kunden bzw. schließt den Vertrag im Namen des Herstellers ab.
Anwendungsbereich der Regulations – Wer ist „commercial agent“?
Nach der Definition in Regulation 2 (1) ist commercial agent, wer „als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für eine andere Person (den Unternehmer) den Verkauf oder den Ankauf von Waren zu vermitteln oder diese Geschäfte im Namen und auf Rechnung des Unternehmers („on behalf of and in the name of that principal“) abzuschließen“.
In den bisher ergangenen Entscheidungen haben die englischen Gerichte den Begriff des commercial agent sehr weit ausgelegt. So gilt beispielsweise auch als Handelsvertreter, wer selbst keine Preise verhandeln und keine Verträge abschließen darf, sondern ausschließlich vermittelt. Vgl. hierzu die Entscheidung Nigel Fryer Joinery Services Limited & Nigel Fryer and Ian Firth Hardware Limited [2008] EWHC 767 (Ch).
Im Gegensatz zu den Regelungen, die in der Mehrzahl der anderen Mitgliedsstaaten getroffen wurden, erfasst der Begriff des commercial agent nur den Warenvertreter. Dienstleistungsvertreter hingegen sind vom Anwendungsbereich der Regulations ausgeschlossen. Auch auf den Vertragshändler (distributor) sind die Vorschriften weder direkt noch analog anwendbar.
Alle in Großbritannien tätigen Handelsvertreter unterliegen zwingend denjenigen Regelungen der Regulations, die unabdingbar sind, solange die Parteien nicht den Regulations entsprechende nationale Regelungen eines anderen EU-Mitgliedsstaates für anwendbar erklären. Die Ingmar-Entscheidung des EuGH (Ingmar GB Ltd v Eaton Leonard Technologies Inc [OJ 2001 C28/4]) hat zudem klar gestellt, dass dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn die Parteien den Vertrag im Übrigen dem Recht eines Nicht-EU-Landes (z.B. den USA) unterwerfen.
Das Vertragsverhältnis zwischen Handelsvertreter und Unternehmer
Abschluss des Handelsvertretervertrages
Hinsichtlich des Vertragsschlusses haben die Regulations zu keiner Änderung der Rechtslage nach dem britischen Common Law geführt. Demnach sind für den Abschluss eines Handelsvertretervertrages keine zwingenden Formalien einzuhalten. Der Wille, einen anderen als Handelsvertreter zu bevollmächtigen, kann grundsätzlich schriftlich, mündlich oder auch konkludent zum Ausdruck kommen. Von der in Artikel 13 Abs. 2 der Handelsvertreter-Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit, für Handelsvertreterverträge die Schriftform vorzuschreiben, wurde bei der Umsetzung in Großbritannien kein Gebrauch gemacht.
Neu ist das in Regulation 13 normierte Recht beider Parteien, von der jeweils anderen Seite eine unterschriebene schriftliche Niederlegung der vertraglichen Vereinbarung verlangen zu können. Da somit der Vertragsinhalt in jedem Fall schriftlich nachgewiesen werden muss, ist es empfehlenswert, den Handelsvertretervertrag von Anfang an schriftlich festzuhalten.
Es ist wichtig, den Umfang der dem Handelsvertreter eingeräumten Vertretungsmacht genau festzulegen. Ebenfalls muss das Gebiet, in welchem der Handelsvertreter für den Unternehmer tätig wird, exakt eingegrenzt sowie bestimmt werden, ob der Handelsvertreter in diesem betreffenden Gebiet den Unternehmer exklusiv, d.h. unter Ausschluss anderer Handelsvertreter und auch des Unternehmers selbst, vertritt. Möglich ist es ebenfalls, dass in einem bestimmten Gebiet zwar nur ein einziger Handelsvertreter für den Unternehmer tätig ist, daneben jedoch auch der Unternehmer selbst die Ware im Wege des Direktverkaufs vertreiben darf (sogenannte „sole agency“). Schließlich ist es auch möglich, dass in einem Gebiet mehrere Vertreter nebeneinander für den Unternehmer tätig werden.
Die vertraglichen Pflichten der Parteien
Ausgehend von seiner Befugnis, rechtliche Verpflichtungen für den Unternehmer begründen zu können, erwachsen nach den Grundsätzen des Common Law Treuepflichten („fiduciary duties“) für den Handelsvertreter aus dem Vertretungsverhältnis. Dazu gehören beispielsweise die Pflichten, alle aus der Vertretertätigkeit erlangten finanziellen Vorteile an den Unternehmer herauszugeben und Interessenkonflikte zu vermeiden.
Daneben muss der Handelsvertreter die Weisungen des Unternehmers befolgen, im Rahmen seiner Vertretungsmacht handeln und seine Tätigkeit mit der im Rechtsverkehr üblichen Sorgfalt ausüben.
Diese grundsätzlichen Treuepflichten des Handelsvertreters werden durch die Regulations insofern ergänzt, als nunmehr ausdrücklich normiert ist, dass der Handelsvertreter bei seiner Tätigkeit die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen sowie pflichtbewusst und dem Gebot von Treu und Glauben entsprechend zu handeln hat.
Den Unternehmer treffen ebenfalls Informations- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Handelsvertreter. Insbesondere ist der Unternehmer verpflichtet, dem Handelsvertreter eine Abrechnung über die geschuldeten Provisionen zu erteilen, welche alle für die Berechnung wesentlichen Angaben enthalten muss. Zum Zwecke der Nachprüfung dieser Abrechnung hat der Handelsvertreter das Recht, alle erforderlichen Auskünfte und Auszüge aus den Geschäftsbüchern des Unternehmers zu verlangen. Bislang sind hierzu noch keine Entscheidungen englischer Gerichte ergangen.
Im Falle einer Pflichtverletzung gelten die Vorschriften des auf den Vertrag anzuwendenden Rechts. Die Folgen einer Pflichtverletzung bestimmen sich demnach zum einen nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien, zum anderen nach den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts des Common Law, sofern der Vertrag nicht dem Rechtssystem eines anderen Landes unterworfen ist.
Provisionsansprüche des Handelsvertreters
Der Handelsvertreter hat einen Anspruch auf Provisionen für von ihm vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte. Die Höhe dieser Provision bestimmt sich grundsätzlich nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer. Haben die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung über die zu zahlende Provision getroffen, hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf diejenige Vergütung, die einem Handelsvertreter üblicherweise für die vertriebenen Waren am Ort der Ausübung seiner Tätigkeit zugestanden wird. Ist eine solche Geschäftspraxis nicht festzustellen, hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die alle mit dem Geschäft zusammenhängenden Faktoren berücksichtigt. Für das Entstehen des Provisionsanspruchs ist es erforderlich, dass der betreffende Geschäftsabschluss auf die Tätigkeit des Handelsvertreters zurückzuführen ist.
Die Beendigung des Handelsvertretervertrages
Nach Beendigung des Handelsvertretervertrages steht dem Handelsvertreter entweder ein Ausgleichsanspruch („indemnity“) oder ein Entschädigungsanspruch („compensation“) zu. Dies ist die wohl bedeutsamste Regelung der Regulations.
Beendigung des Vertreterverhältnisses
Das Vertreterverhältnis endet, wenn entweder eine der Parteien das Vertragsverhältnis wirksam kündigt oder im Falle eines befristeten Vertretervertrages die Vertragslaufzeit abgelaufen ist.
Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt im ersten Vertragsjahr einen Monat, im zweiten Vertragsjahr zwei Monate und für das angefangene dritte Vertragsjahr sowie die folgenden Vertragsjahre drei Monate. Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, muss die Kündigungsfrist laut Regulation 15 (4) am Ende eines Kalendermonats ablaufen. Die Parteien können grundsätzlich vertraglich auch eine längere Kündigungsfrist vereinbaren, die Festlegung einer kürzeren Frist hingegen ist ihnen verwehrt. Eine unter Missachtung der Fristen ausgesprochene Kündigung wird erst mit Ablauf der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist wirksam, es sei denn, eine fristlose Kündigung ist berechtigt. Bis dahin haben die Parteien einen Anspruch auf Erfüllung des Vertretervertrages. Im Falle der Leistungsverweigerung der einen Seite steht ein Schadensersatzanspruch der anderen Seite zu.
Ein Recht zur fristlosen Kündigung besteht insbesondere im Falle einer teilweisen oder vollständigen Nichterfüllung der wesentlichen vertraglichen Pflichten durch eine Partei.
Ausgleichsanspruch oder Entschädigung
Die europäische Richtlinie zum Handelsvertreterrecht beinhaltet zwei verschiedene Alternativen der Abfindung zugunsten des Handelsvertreters. Einerseits besteht die Möglichkeit einer Ausgleichszahlung („indemnity“), die im wesentlichen der Regelung des deutschen § 89b HGB entspricht, und die in dieser Form in den meisten EU-Ländern übernommen wurde. Andererseits macht das französische Recht von der zweiten Alternative in der Richtlinie Gebrauch und gestaltet die Abfindung als eine Entschädigung aus, die im englischen Recht einer „compensation“ (Entschädigung) entspricht.
Zum Unterschied von den anderen EU-Mitgliedstaaten, hat sich die englische Regierung bei der Umsetzung der EU-Richtlinie ins englische Recht nicht endgültig für einsder Modelle entschieden, sondern vielmehr festgelegt, dass das System der Entschädigung („compensation“) immer dann eingreift, wenn in dem Handelsvertretervertrag nicht ausdrücklich ein Ausgleichsanspruch („indemnity“) vereinbart wurde.
Als die den Ausgleichs- bzw. Entschädigungsanspruch auslösende Vertragsbeendigung gelten insbesondere die Kündigung des Handelsvertretervertrages durch den Unternehmer, die erzwungene Kündigung seitens des Handelsvertreters wegen Nichterfüllung wesentlicher Vertragspflichten des Unternehmers, die Kündigung wegen schwerwiegender Krankheit sowie der Tod des Handelsvertreters.
Sowohl der Ausgleichs- als auch der Entschädigungsanspruch sind vom Handelsvertreter innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertretervertrages geltend zu machen.
Entschädigung („compensation“)
Voraussetzung für einen Anspruch auf „compensation“ ist nach Regulation 17 (6) neben der Beendigung des Vertreterverhältnisses, dass dem Handelsvertreter durch diese Beendigung ein Schaden entstanden ist. Dieser Schadensersatzanspruch ist – anders als der Ausgleichsanspruch – der Höhe nach unbegrenzt. Ein Schaden ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Handelsvertreter Provisionen verliert, die er bei ordnungsgemäßer Ausführung des Vertrages erworben hätte und der Unternehmer aufgrund der Tätigkeit des Vertreters erhebliche Vorteile erlangt hätte. Ein Schaden ist auch dann anzunehmen, wenn der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertrages nicht in der Lage war, die Kosten und Ausgaben zu amortisieren, die er im Rahmen der Erfüllung des Vertretervertrages auf den Rat des Unternehmers hin auf sich genommen hat.
Im Frühjahr 2007 hat das damals höchste Gericht in Großbritannien – the House of Lords – in dem Fall Lonsdale v Howard & Hallam Ltd [2007] 4 All E.R. 1 entschieden, dass der Berechnung des Schadensersatzanspruchs nicht zwei durchschnittliche Jahresprovisionen zu Grunde gelegt werden können. Dies war bisher, in Anlehnung an die französische Rechtsprechung, gängige Praxis der englischen Gerichte, obgleich in neueren Entscheidungen bereits eine Tendenz zu geringeren Entschädigungssummen erkennbar war.
Nunmehr wurde die Berechnung der Entschädigungssumme nach dem „französischen Modell“ endgültig abgeschafft. Entscheidend ist jetzt für die Bestimmung der Entschädigungssumme der sog. „notional value“, d.h. der Wert des Handelsvertretergeschäfts. Darunter ist der hypothetische Kaufpreis zu verstehen, welchen der Handelsvertreter für das Geschäft erzielt hätte, wenn er dieses zum Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrags verkauft hätte.
In einer weiteren Entscheidung aus dem Jahr 2013 – Invicta UK v International Brands Ltd [2013] EWHC 1564 (QB) – hat das High Court diesen Grundsatz genauer präzisiert. Das High Court verlangte, dass jede Partei ihre Einschätzung des hypothetischen Werts des Geschäfts durch einen Sachverständigen beweisen muss. Desweiteren sei er im Bezug zu dem Bilanzgewinn, d. h. unter Abzug der für das Handelsvertretergeschäft anfallenden Kosten, zu bestimmen. Schließlich müsse der so ermittelte Wert mit einem Faktor von ca. 4,5 multipliziert werden, der der Anzahl der Jahre entspricht, deren Gewinn nach dem hypothetischen Willen der Parteien durch den Kaufpreis abzugelten gewesen wäre.
Die Entscheidung Alex Berry v Laytons and Another [2009] EWHC 1591 (QB) beschäftigt sich mit der Berechnung der Betriebskosten des Handelsgeschäfts in dem Kontext einer Rechtsanwaltshaftung. Die Hauptfrage war dabei, wie die Betriebskosten, die auf einen Vertriebsvertrag anfallen, konkret zu bestimmen sind, wenn der Handelsvertreter für mehrere Unternehmer gleichzeitig tätig war. Das Gericht hat die Berechnungsmethode des Handelsvertreters akzeptiert, nach der die gesamten Kosten des Geschäfts gleichmäßig zwischen den drei Unternehmern, für die er tätig war, aufgeteilt und nicht im Verhältnis zu Umsatz und Anzahl der Kunden des einzelnen Unternehmers gesetzt wurden. Zudem hat sich das Gericht auch hier zur Bestimmung des „notional value“ des Faktors von ca. 4,5 bedient.
Schließlich kam das Gericht in dem Fall Nigel Fryer Joinery Services Limited & Nigel Fryer and Ian Firth Hardware Limited [2008] EWHC 767 (Ch) zu dem Schluss, dass ein Schadensersatzanspruch nur bestehe, wenn hypothetisch ein Käufer bereit gewesen wäre, das Geschäft zu erwerben. Hätte das Geschäft keinen Wert gehabt, sei auch kein Schaden entstanden und keine Abfindung zu leisten.
Ausgehend von den oben genannten Entscheidungen kann zusammenfassend festgehalten werden, dass die englische Rechtsprechung auf der Grundlage des „notional value“ ihren eigenen Ansatz für die Berechnung der Höhe der Entschädigung des Handelsvertreters entwickelt hat. Es ist zu erwarten, dass in der Zukunft dieser Grundsatz durch die englischen Gerichte weiter angewendet und noch genauer präzisiert wird.
Ausgleichsanspruch (indemnity)
Voraussetzung für einen Anspruch auf indemnity ist zunächst eine vertragliche Vereinbarung darüber, dass dem Handelsvertreter im Falle der Beendigung des Vertragsverhältnisses ein Ausgleichsanspruch zustehen soll. Liegt eine solche Vereinbarung vor, müssen drei weitere Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
Der Handelsvertreter muss für den Unternehmer neue Kunden geworben oder die Geschäftsbeziehungen mit vorhandenen Kunden erheblich erweitert haben, der Unternehmer muss aus den Geschäften mit diesen Kunden weiterhin erhebliche Vorteile ziehen und die Ausgleichszahlung muss Billigkeitsgesichtspunkten entsprechen.
Kriterien für die Billigkeit sind insbesondere die dem Handelsvertreter aus den Geschäften mit diesen Kunden entgangenen Provisionen, d.h. diejenigen Provisionen, die der Handelsvertreter verdient hätte, wenn das Vertragsverhältnis nicht beendet worden wäre. Erforderlich ist daher eine Prognose über die hypothetische weitere Entwicklung des Vertragsverhältnisses. Ferner sind beispielsweise auch die Unkosten zu berücksichtigen, die dem Vertreter bei einer Fortsetzung seiner Tätigkeit entstanden wären.
Gemäß Regulation 17 (4) darf der als „indemnity“ zu zahlende Betrag eine Obergrenze in Höhe einer durchschnittlichen Jahresvergütung nicht überschreiten. Maßstab hierfür sind die Vergütungen der letzten fünf Jahre.
In den 20 Jahren seit dem Inkrafttreten der Regulations hat es nur eine Entscheidung in England gegeben, die sich mit dem Thema „indemnity“ beschäftigt – Moose v Piretta PTA Limited [1999], 1 All E. R. 174. Dort hat das Gericht versucht zu ermitteln, wie der Ausgleichsanspruch nach dem deutschen Recht berechnet wird. Obwohl es die Angaben zweier deutscher Sachverständigen als Beweis zur Verfügung hatte, ist es dem Gericht leider nicht gelungen, die deutschen Grundsätze korrekt anzuwenden.
Vergeblich haben wir in den letzten 15 Jahren auf eine neue Entscheidung gewartet!
Praktische Hinweise
Bei der Beauftragung eines Handelsvertreters in Großbritannien sollte stets ein detaillierter schriftlicher Vertrag aufgesetzt werden, in welchem der Umfang der Vertretungsmacht und das Gebiet, in dem der Handelsvertreter für den Unternehmer tätig sein soll, festgelegt werden. Zudem sollte bestimmt werden, ob der Vertreter in diesem Gebiet exklusiv, also unter Ausschluss anderer Handelsvertreter und des Unternehmers selbst, tätig ist. Zusätzlich sollten klare und hinreichend bestimmte Regelungen über die Berechnung der Provision und die Zahlungsbedingungen in den Vertrag aufgenommen werden. Wenn der Handelsvertreter in Großbritannien tätig ist und somit die Regulations Anwendung finden, sollte – wenn der Unternehmer Rechtssicherheit möchte – in der Regel ein Ausgleichsanspruch („indemnity“) vereinbart werden, da hier die Obergrenze von einer durchschnittlichen Jahresvergütung gilt. Hält der Unternehmer es für unwahrscheinlich, dass das Geschäft des Handelsvertreters zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung einen hohen Wert haben wird, so kann, auf Grund der oben genannten Entscheidungen, auf eine Regelung des Ausgleichsanspruchs im Vertrag verzichtet werden, da dann automatisch der Anspruch des Handelsvertreters auf Entschädigung eingreift. Jedoch bedarf es schon hellseherischer Fähigkeiten, um den zukünftigen Wert eines Handelsvertretergeschäfts vorherzusagen. Gleichzeitig ist das Eingreifen des Entschädigungsanspruchs riskant, da für ihn, wie gesagt, keine Obergrenze gilt. Auch sollte ausdrücklich festgelegt werden, ob der Vertrag im Übrigen englischem oder ausländischem Recht unterliegt und welche Gerichte zuständig sind. Entwerfen Sie einen Handelsvertretervertrag nicht selbst, sondern ziehen Sie einen englischen Anwalt zurate. Wir beraten Sie gerne.
Andrew Kaufman
Fladgate LLP
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