Zur Abgrenzung zwischen selbständigem Handelsvertreter und abhängig beschäftigtem Arbeitnehmer
Die Stellung eines Handelsvertreters zeichnet sich grundsätzlich dadurch aus, dass er in der Einteilung seiner Arbeit frei ist. Aber auch er unterliegt Weisungen der Unternehmen, soweit sie zur Vertriebsorganisation erforderlich sind und nicht zu sehr in seine Freiheit eingreifen. Im Einzelfall kann sich daher die Frage stellen, ob (noch) eine selbständige Handelsvertretertätigkeit vorliegt oder (schon) eine sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmereigenschaft.
Das Oberlandesgericht Frankfurt, das Oberlandesgericht München sowie die Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen und Berlin haben sich in den Jahren 2013 und 2014 mit der Abgrenzung beschäftigt und Indizien für die eine und andere Gestaltung aufgezählt.
Für eine selbständige Handelsvertretertätigkeit spricht nach OLG Frankfurt (Beschluss v. 16.9.2013; Az. 15 W 79/11):
- Die freie Möglichkeit, seine Tätigkeit zu gestalten und seine Arbeitszeit zu bestimmen;
- Die Pflicht, für die Ausübung des Gewerbes erforderlichen Nachweise, Genehmigungen und Erlaubnisse selbst einzuholen;
- Die Pflicht, das Risiko der Tätigkeit durch Abschluss einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abzudecken;
- Das Recht, Hilfskräfte heranziehen zu dürfen – auch wenn Unternehmer sich Prüfung der erforderlichen Qualifikation vorbehält;
Dagegen sind nach den Ausführungen des OLG München im Beschluss vom 20. März 2014 (Az. 7 W 315/14) Indizien für Arbeitnehmereigenschaft:
- Tätigkeit im Büro des Unternehmens;
- Verpflichtung zur Erreichbarkeit und Mitteilung von Abwesenheitszeiten;
- Ausübung der gleichen Tätigkeiten wie zuvor im Angestelltenverhältnis;
- Vergütungslose Wahrnehmung von Tätigkeiten, die nicht Handelsvertreterpflichten sind;
- Keine Ausstellung der vom Unternehmen geschuldeten Provisionsabrechnung.
Ergänzt wurden die Indizien für sozialversicherungspflichtige Tätigkeit durch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Urteil vom 07. März 2014 (Az. L 1 KR 336/12) und das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 12. März 2014 (L 8 R 431/11) noch mit folgenden Punkten:
- Kein Unternehmerrisiko, also kein Einsatz eigenen Kapitals oder der eigene Arbeitskraft mit ungewissem Erfolg einschließlich der Gefahr des Verlustes (dort verneint, weil stundenweise Vergütung erfolgte)
- Keine nennenswerten eigene Gestaltungsspielräume
(mitgeteilt von Rechtsanwältin Dr. Petra Weipert, Ramser Rechtsanwälte, Frankfurt am Main )