Erste Rechtsprechung in Ö zu Rechtswahl / Gerichtsstandsvereinbarung im Lichte der „Ingmar“-Entscheidung des EuGH
Schiedsklausel zugunsten New York aufgrund zwingenden Charakters des Ausgleichs unwirksam (OGH 1. 3. 2017 5 Ob 72/16y)
Ein österreichisches Unternehmen hatte einen Agenturvertrag mit einem US-Unternehmen abgeschlossen (mit Rechtswahl und [Schieds]Gerichtsstand zugunsten des Staates New York). Das österr. Unternehmen hatte die Aufgabe, innerhalb der EU internationale Seefrachtverträge zu vermitteln. Das US-Unternehmen kündigte fristlos und erhob vor dem Schiedsgericht Klage aus Verrechnungen und Schadenersatz. Das österr. Unternehmen wandte zwingendes österr. Recht ein, was vom Schiedsgericht verworfen wurde.
Das österr. Unternehmen brachte daraufhin eine Klage auf Ausgleich vor dem HG Wien ein (gestützt auf den inländischen Vermögensgerichtsstand nach § 99 JN). Das US-Unternehmen wandte die Unzuständigkeit aufgrund der Schiedsabrede ein.
Das HG Wien und das OLG Wien wiesen die Klage zurück, der OGH bejahte hingegen die inländische Zuständigkeit. Unter Verweis auf Ingmar und die deutsche Rechtsprechung wurde der Ausgleich als international zwingende Eingriffsnorm angesehen. Diese durchbricht die Rechtswahl und die Gerichtsstandsvereinbarung, wenn das gewählte Recht keinen Ausgleich kennt und das dortige Gericht zwingendes europäisches bzw. österreichisches Recht nicht zur Anwendung bringen wird – dies hat das Schiedsgericht durch die Zurückweisung der Unzuständigkeitseinrede klar gemacht. Da das österr. Unternehmen innerhalb der EU tätig wurde, ist die Schiedsklausel unwirksam und die Klage zulässig.