Das OLG München hat mit Urteil vom 21.12.2017 (23 U 1488/17) ein Urteil des Bundesgerichtshofes vom letzten Jahr zur Frage der Verjährung des Buchauszugsanspruches konkret auf ein Versicherungsvertreter – Vertragsverhältnis angemahnt.
Hintergrund: Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 03.08.2017 (VII ZR 32/17) eine in der Literatur heißt umkämpfte Rechtsfrage geklärt, nachdem verschiedene Oberlandesgerichte hierzu unterschiedliche Urteile gefällt hatten. Im Kern geht es darum, ob der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszuges in der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren zum Jahresende oder der 10 – jährigen Höchstfrist verjährt. Entscheidend dafür ist, wann der Anspruch entsteht. Im Gesetz heißt es hierzu bei § 87c Abs. 2 HGB, dass der Handelsvertreter “bei Abrechnung” einen Buchauszug verlangen kann. Die eine Meinung vertrat nun die Auffassung, dass dies bereits erfüllt ist, wenn eine abschließende Abrechnung (also ohne Vorbehalte) durch das Unternehmen vorliegt, egal ob diese vollständig ist oder nicht. In diesem Fall läuft die regelmäßige und damit kurze Verjährung des Buchauszugsanspruches mit der Provisionsabrechnung.
Die andere Meinung vertrat die Auffassung, dass eine Fälligkeit des Buchauszugsanspruches nur hinsichtlich derer Ansprüche vorliegt, über die auch tatsächlich abgerechnet wurde; der Vertreter also einen weiter bis zu zehn Jahren zurückreichen Buchauszug durchaus noch verlangen kann, weil ja erst mit Vorlage des Buchauszuges überhaupt die Frage beantwortet werden kann, ob über alle Ansprüche abgerechnet wurde oder nicht.
Der Bundesgerichtshof hat diese Frage im Sinne der kürzeren Verjährungsfrist und damit gegen die Interessen der Handelsvertreter entschieden. Das wesentliche Argument ist, dass eine abschließende Abrechnung auch die stillschweigende Erklärung enthält, dass keine weiteren Provisionsansprüche des Vertreters bestehen. Ist der Vertreter anderer Auffassung bzw. möchte er dies überprüfen, so kann er ja den Buchauszug geltend machen. Das Argument, dass der Vertreter dann regelmäßig dazu gezwungen ist, im laufenden Vertragsverhältnis einen Buchauszugsanspruch geltend zu machen, bei Vorliegen von Verjährungsabkürzungsklauseln sogar in kurzen Abständen, und der Vertreter daher davon regelmäßig absehen wird, um den Vertrag nicht zu gefährden, überzeugte den Bundesgerichtshof ebenso wenig wie die Tatsache, dass es so zu der absurden Situation kommen kann, dass einzelne Provisionsansprüche, von denen der Vertreter zum Beispiel zufällig erst später erfährt und die nie abgerechnet worden sind, und die mangels vorheriger Kenntnis der langen 10-jährigen Verjährungsfrist unterfallen, er diese Ansprüche aber nicht mehr mit Hilfe eines Buchauszuges genau beziffern und durchsetzen kann, weil der Buchauszugsanspruch ja bereits verjährt ist.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird aus diesen Gründen immer noch stark diskutiert, ist aber nun für die Gerichte bindend.
Entscheidung des OLG München zum Versicherungsvertreter
Das Oberlandesgericht München hat diese Rechtsprechung nun auf den Buchauszugsanspruch des Versicherungsvertreters übertragen und den Buchauszugsanspruch auf die drei- jährige Verjährungsfrist zum Jahresende begrenzt. Ausschlaggebend für die Fälligkeit und Kenntnis war also, dass die Versicherung abschließende Provisionsabrechnungen erteilte; die weiter zurückreichenden Buchauszugsansprüche des Vertreters wurden abgewiesen.
Wichtig für den Vertreter ist, dass er somit alle möglichen offenen Provisionsansprüche inklusive derer, die in der Provisionsabrechnung überhaupt nicht auftauchten, innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist mittels Buchauszug geltend machen muss. Geht es um Provisionsabrechnungen aus dem Jahre 2015, so muss ein Buchauszugsanspruch über den Zeitraum ab 01.01.2015 bis spätestens 31.12.2018 eingeklagt werden oder es wird eine entsprechende Verjährungsverzichtsvereinbarung mit der Versicherung vereinbart.
Besonderes Augenmerk gilt den Verträgen, die Verjährungsabkürzungsklauseln enthalten. Vorausgesetzt diese Klauseln sind wirksam – was oft nicht der Fall ist – kann die Verjährung auf bis zu 13 Monate abgekürzt sein. Das würde bedeuten, der Vertreter muss binnen eines guten Jahres nach Erhalt der Abrechnung gerichtlich tätig werden, um seine Ansprüche nicht zu verlieren.
Spezielle Äußerung zu Stornohaftungszeiten
In dem mit dem OLG München zugrunde liegenden Fall argumentierte der Vertreter darüber hinaus mit einem versicherungsspezifischen Argument: Solange die Stornohaftungszeit nicht abgelaufen sei, liege auch noch keine abschließende Abrechnung über den Anspruch vor. Zumindest in diesen Fällen muss dann auch ein Buchauszugsanspruch weiter zurückreichen. Dies ließ das OLG München – insoweit konsequent – nicht gelten. Denn der Vertreter könne ja jedes Mal nach Erhalt einer Abrechnung, die den noch in Stornohaftungszeit befindlichen Provisionsanspruch betrifft, einen Buchauszug geltend machen und damit die Verjährung hemmen, wenn Unklarheiten bestehen. Anders wäre es nur, wenn vereinbart wäre, dass der Provisionsanspruch erst entsteht, wenn die Stornohaftungszeit abgelaufen ist. In manchen Verträgen ist dies geregelt und dann beginnt die Verjährung hinsichtlich dieses Anspruches natürlich erst nach Ablauf der Stornohaftungszeit und der darauf folgender Abrechnung über den Anspruch. Das ist aber die Ausnahme und betrifft immer nur die einzelnen noch in Stornohaftung befindlichen Ansprüche. Im Übrigen verbleibt es dabei, dass der Vertreter in Zukunft die Verjährungsfristen genau im Auge behalten muss.
Informationspunkte des Buchauszugsanspruches
Das OLG München hat die notwendigen Informationspunkte eines Buchauszugsanspruches in der Entscheidung nochmals bestätigt. In diesem Sinne folgt es der bisherigen Rechtsprechung und es macht bei der Gelegenheit Sinn, noch einmal darzustellen, wie umfangreich ein ordnungsgemäßer Buchauszug zu sein hat. Hier der relevante Tenor des Urteils:
- Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, dem Kläger einen Buchauszug in Form einer geordneten Zusammenstellung zu erteilen, der Auskunft über alle Geschäfte gibt, die der Kläger für die Beklagte zu 1) im Dezember 2010 vermittelt hat, und der folgende Auskünfte enthalten muss:
– Name und Anschrift des Versicherungsnehmers/Kunden
– Datum des Vertragsantrages
– Versicherungsscheinnummer
– Datum des Vertragsschlusses bzw. Ausstellungsdatum der Police
– Datum des Versicherungsbeginns
– Art und Inhalt des Vertrages nach Sparte, Tarif, Verlängerung
– Höhe des Jahresbeitrags bzw. der Jahresversicherungsprämie (netto)
– Fälligkeit des Jahresbeitrags bzw. der Jahresversicherungsprämie
– Zahlungsweise
– Datum des Eingangs des Jahresbeitrags bzw. der Jahresversicherungsprämie
– Summe der eingegangenen Beiträge bzw. Prämien
– Laufzeit des Vertrages
– Vertragsänderungen, auch mit Angabe zum Datum
– Stornohaftungszeit bei Neu- und Ersatzverträgen
– Im Fall von Storno, Rückbelastung, Rückbeitrag:
o Datum der Stornierung, Rückbelastung, Rückbeitrag o Stornogrund, Grund für Rückbelastung, Grund für Rückbeitrag o Erhaltungsmaßnahmen o Nettobeitrag, aus dem sich Rückbelastung und/oder Rückbeitrag berechnet
RA Bernhard Schleicher,
Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht, Ossenforth und Kollegen, München.